Trauer ist ein Gefühl, dem wir lieber aus dem Weg gehen.
Es ist unangenehm, schwer auszuhalten und in unserer Gesellschaft kaum erwünscht.
Doch was passiert, wenn Trauer nicht endet? Wenn sie sich festsetzt, still und kraftlos macht – oder sich gar in andere Gefühle wie Angst oder Wut verwandelt?
Im Gespräch im „Einfach gut leben“-Podcast teilt Dr. Tanja Pfister ihre persönliche und berufliche Perspektive auf das Thema Trauer.
Sie ist Trauerbegleiterin, Coach und Autorin des Buches „Wenn die Trauer nicht endet – Wie du Verlustschmerz durch einfache Bewegungen lösen kannst“.
Der Artikel beleuchtet zentrale Erkenntnisse aus dem Interview und zeigt auf: Trauer darf da sein. Und mehr noch – sie kann integriert werden, damit ein gutes Leben mit der Trauer wieder möglich wird.
Trauer beginnt mit Verlust – nicht nur durch Tod
Tanja Pfister beschreibt Trauer als eine Reaktion auf den Verlust von etwas Liebgewonnenem.
Das muss nicht immer der Tod eines Menschen sein.
Auch das Ende einer Beziehung, der Auszug der Kinder, der Verlust der Gesundheit oder eines Lebensabschnittes können Trauer auslösen. Trauer ist eine universelle Reaktion – sie gehört zum Menschsein.
Dabei verweist sie auf ein wichtiges Missverständnis: Viele glauben, dass Trauer irgendwann vorbei sein muss – nach sechs Wochen, nach einem Jahr.
Doch in Wahrheit bleibt sie. Sie verändert sich. Und sie darf bleiben.
„Die Trauer ist ab dem Zeitpunkt des Verlustes ein Teil von uns.“ – Dr. Tanja Pfister
Warum Trauer gesellschaftlich wenig Raum hat
Trauer hat es heute schwer.
In einer Gesellschaft, die auf Leistung, Funktionieren und gute Laune ausgerichtet ist, wird Trauer schnell als Störung empfunden.
Wer zu lange traurig ist, gilt als schwach oder sogar krank.
Tanja berichtet, dass viele Menschen nicht gelernt haben, wie Trauer eigentlich geht – weil es kaum Vorbilder gibt.
Früher gab es Rituale: das Trauerjahr, schwarze Kleidung, gemeinsames Gedenken.
Heute wird erwartet, dass Trauernde „nach ein paar Wochen wieder funktionieren“.
Diese kollektive Unsicherheit zeigt sich auch im Umgang mit Trauernden.
Freunde ziehen sich zurück – aus Angst, etwas Falsches zu sagen.
Betroffene fühlen sich isoliert, unverstanden, allein.
Unverarbeitete Trauer kommt zurück – oft in anderer Form
Ein zentraler Punkt im Gespräch: Trauer lässt sich nicht verdrängen.
Wenn sie keinen Raum bekommt, sucht sie sich andere Wege – oft unbewusst.
Sie kann sich als Wut zeigen, als ständige Gereiztheit.
Sie kann in Angst umschlagen, in Schuldgefühle, Scham oder Antriebslosigkeit.
Viele Menschen, die zu Tanja in die Begleitung kommen, wissen zunächst gar nicht, dass sie eigentlich noch trauern.
Sie fühlen sich erschöpft, leer, orientierungslos.
Manche vermuten eine Depression – doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich: Es ist Trauer, die keinen Ausdruck finden durfte.
Vier Schritte, um mit der Trauer zu leben
Tanja Pfister hat auf Basis ihrer persönlichen Erfahrungen und ihrer Arbeit als Coach ein vierstufiges Modell entwickelt, das Menschen hilft, ihre Trauer zu integrieren:
1. Sicherheit wiederherstellen
Der Verlust eines nahestehenden Menschen ist ein massiver Kontrollverlust.
Für viele ist es die existenziellste Erschütterung ihres Lebens.
In der ersten Phase geht es darum, wieder ein Gefühl von Sicherheit im eigenen Körper und im Leben zu entwickeln.
Das geschieht über sanfte Körperübungen, Atemwahrnehmung, bewusste Bewegungen.
Wer sich im eigenen Körper sicher fühlt, kann auch dem Leben wieder Vertrauen schenken.
2. Emotionen wahrnehmen und zulassen
Viele Trauernde haben den Kontakt zu ihren Gefühlen verloren oder fürchten sich davor.
Was ist, wenn die Trauer mich überrollt?
Was, wenn ich nicht mehr aufhören kann zu weinen?
Tanja arbeitet hier mit dem Körper, denn der Körper ist der Zugang zu unseren Gefühlen.
Wahrnehmungsübungen, Atemarbeit und sanfte Bewegungen helfen, wieder mit der eigenen Gefühlswelt in Kontakt zu kommen – zunächst im geschützten Raum, ohne Überforderung.
„Wir müssen nicht sofort alles fühlen oder ausdrücken. Es geht erst einmal darum, wahrzunehmen und zuzulassen.“
3. Energie wieder spüren
Trauer raubt Energie. Viele Menschen berichten davon, dass sie kaum mehr aus dem Bett kommen, den Alltag nicht mehr bewältigen oder sich völlig ausgelaugt fühlen.
Nachdem Sicherheit und emotionale Wahrnehmung wiederhergestellt wurden, hilft Tanja ihren Klienten, die eigene Lebensenergie wieder zu aktivieren – mit individuell angepassten Bewegungsübungen und Körperarbeit.
Dabei geht es nicht um Sport, sondern um das behutsame Wiederfinden von Kraft, Lebendigkeit und innerem Antrieb.
4. Selbstfreundschaft und Integration
Im letzten Schritt geht es um Mitgefühl – nicht nur mit anderen, sondern vor allem mit sich selbst. Anstatt die Trauer „loswerden“ zu wollen, geht es darum, sie als Teil der eigenen Lebensgeschichte zu würdigen und zu integrieren.
Tanja spricht dabei bewusst nicht von Selbstliebe, sondern von Selbstfreundschaft:
„Wir sollen mit uns selbst umgehen wie mit einer guten Freundin: tröstend, geduldig, mitfühlend.“
Warum die Gesellschaft neue Rituale braucht
Ein starkes Plädoyer im Gespräch ist die Forderung nach mehr Raum für Trauer in unserer Gesellschaft.
Wir sprechen über die Rolle von Sprache, Ritualen und Mitmenschlichkeit.
Wer trauert, braucht keine Ratschläge. Keine Vergleiche.
Keine schnellen Lösungen. Sondern einfach jemanden, der sagt: „Ja. Ich sehe deinen Schmerz.“
Ein solcher Raum kann auch durch Medien entstehen – etwa durch Tanjas Podcast „Bewegt trauern. Bewusst sein“, in dem sie Betroffene regelmäßig mit Impulsen begleitet, oder durch ihren Newsletter, der gezielt am Wochenende erscheint – jenen Tagen, an denen Einsamkeit besonders spürbar wird.
Trauer ernst nehmen – für ein wahrhaft gutes Leben
Trauer ist keine Krankheit. Sie ist eine gesunde Reaktion auf Verlust.
Doch sie braucht Raum, Zeit, Verständnis – und manchmal professionelle Begleitung.
Wer bereit ist, sich ihr zuzuwenden, wird belohnt: mit Klarheit, innerer Stärke und tiefer Verbundenheit mit sich selbst.
Die wichtigste Botschaft von Tanja Pfister:
Ein gutes Leben trotz Trauer ist nicht nur möglich – es ist sogar ein Leben mit Sinn und Tiefe.
Oder, wie es ein Klient von ihr ausdrückte:
„Ich muss meine Trauer nicht mehr loswerden. Ich darf mit ihr leben.“
Weiterführende Links
- Website von Dr. Tanja Pfister: www.dr-tanja-pfister.de
- Podcast: Bewegt trauern. Bewusst sein
- Buch: Wenn die Trauer nicht endet (Wenn Du über diesen Link kaufst, ändert sich für Dich nix. Ich erhalte eine kleine Provision als Dankeschön für die Empfehlung)
- Social Media: @drtanjapfister auf Instagram, Facebook und LinkedIn
✨ Lass deine Trauer nicht alleine sprechen – komm ins Gespräch mit ihr.
Wenn du spürst, dass deine Trauer noch Raum braucht – oder du sie bisher immer wieder verdrängt hast –, dann nimm dir einen Moment und hör in dich hinein.
Dr. Tanja Pfister zeigt in ihrem Ansatz, dass du der Trauer begegnen darfst, ohne ihr ausgeliefert zu sein.
Du musst sie nicht bekämpfen – du darfst lernen, mit ihr zu leben.
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